Europa richtet seine Handelspolitik neu aus – mit einem klaren Schwerpunkt auf sogenannten „Interims-Abkommen“. Die EU-Kommission hat Anfang September angekündigt, sowohl das Partnerschaftsabkommen mit Mercosur als auch das modernisierte Globalabkommen mit Mexiko zu unterzeichnen und gleichzeitig vorläufige Handelsverträge nur auf EU-Ebene einzuführen. Diese können deutlich schneller wirksam werden, da sie keine langwierigen Ratifizierungen in allen Mitgliedstaaten erfordern.
Die Stoßrichtung ist eindeutig: Zölle senken, den Zugang zu öffentlichen Aufträgen erweitern, Investitions- und Dienstleistungsregeln vereinfachen. Brüssel will für europäische Industrie und Landwirtschaft größere Märkte erschließen und sich im Wettbewerb um Rohstoffe und Lieferketten absichern.
Nach Berechnungen der Kommission könnte allein das Mercosur-Abkommen die EU-Exporte um bis zu 39 Prozent steigern – rund 49 Milliarden Euro – und mehr als 400.000 Arbeitsplätze stützen. Zusammengenommen schaffen die Abkommen Zugang zu einem Markt mit über 700 Millionen Konsumenten.
Die rechtliche Konstruktion ist dabei entscheidend: Mit den Interims-Verträgen holt sich die EU einen Teil des wirtschaftlichen Nutzens sofort, während die umfassenden „gemischten“ Abkommen erst nach Zustimmung aller nationalen Parlamente in Kraft treten. Diese Praxis verkürzt die Zeitspanne zwischen Unterzeichnung und tatsächlicher Zollsenkung erheblich.
Für Unternehmen sind die konkreten Marktzugänge zentral. Das Mercosur-Abkommen schützt 344 europäische Herkunftsbezeichnungen – von Käse über Wein bis zu Spirituosen – und beseitigt hohe Industriezölle, darunter die bisher 35 Prozent Einfuhrabgaben auf Autos. Maschinen, Vorprodukte und pharmazeutische Erzeugnisse sollen künftig günstiger in den südamerikanischen Block gelangen.
Auch das modernisierte Abkommen mit Mexiko stärkt den Schutz für insgesamt 568 EU-Herkunftsangaben und senkt drastische Zölle auf Lebensmittel wie Geflügel, Schweinefleisch, Pasta oder Schokolade, die bislang teils bei 100 Prozent lagen.
Gleichzeitig sind Schutzmechanismen eingebaut: Bei besonders sensiblen Importen gelten Zollkontingente und schnelle Schutzklauseln. So bleibt der Rindfleischimport auf 99.000 Tonnen mit einem Zollsatz von 7,5 Prozent begrenzt, für Geflügel wird eine schrittweise Quote von 180.000 Tonnen eingeführt. Europäische Standards bei Lebensmittelsicherheit und Nachhaltigkeit – etwa die neuen Entwaldungs-Regeln – sollen weiterhin gelten.
Für europäische Dienstleister und Investoren eröffnen sich durch die Abkommen klarere Rahmenbedingungen. Mit Mexiko ist ein modernisiertes Investitionsgerichtssystem vorgesehen, außerdem wird der Zugang zu öffentlichen Ausschreibungen verbessert.
Von besonderer Bedeutung sind auch die Lieferketten: Beide Abkommen zielen darauf, die Versorgung mit kritischen Rohstoffen in den Amerikas langfristig zu sichern.
Während die endgültigen Verträge noch der Zustimmung des Europäischen Parlaments und der Mitgliedstaaten bedürfen, schaffen die Interims-Abkommen bereits frühzeitig Vorteile. Für exportorientierte Unternehmen in den Bereichen Automobil, Maschinenbau, Pharma oder Speziallebensmittel sind dies direkte Marktöffnungen – auf der Basis verbindlicher, offiziell publizierter Regeln.
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