Der Oberste Gerichtshof der USA hat am 5. November eine Verhandlung geführt, die die Grundfesten von Präsident Donald Trumps Zollpolitik erschüttern könnte. Es ging um die Rechtmäßigkeit der massiven Einfuhrabgaben, die Trump unter dem International Emergency Economic Powers Act (IEEPA) von 1977 verhängt hat. Mehrere Richter, darunter die Konservativen Neil Gorsuch, John Roberts und Amy Coney Barrett, zeigten deutliche Skepsis. Selbst bei einer Niederlage der Regierung könnten Rückzahlungen jedoch ein bürokratisches Chaos auslösen, das Monate oder Jahre dauert. Für deutsche Exporteure, die unter den Zöllen leiden, bedeutet das eine Mischung aus Hoffnung und Frustration.

Die Vorinstanzen hatten die Zölle bereits als rechtswidrig eingestuft. Klagen von demokratischen Generalstaatsanwälten aus zwölf Bundesstaaten, kleinen Unternehmen und zwei familiengeführten Spielzeugfirmen wurden gebündelt. Die Abgaben blieben während des Verfahrens wirksam, was Bloomberg zufolge über 100 Milliarden Dollar an Einnahmen für die US-Regierung einbrachte. Nach der Verhandlung sanken die Wettquoten für Trumps Sieg, und Aktien von US-Einzelhändlern kletterten, in Erwartung von Entlastungen.

Richter Gorsuch stellte die Kernfrage zur Gewaltenteilung: Was hindere den Kongress daran, einfach alle Kompetenzen im Außenhandel, sogar die Kriegserklärung, an den Präsidenten abzugeben? Roberts erinnerte daran, dass Zölle eine Steuer auf Amerikaner seien und traditionell in der Kernkompetenz des Kongresses lägen. Der Regierungsanwalt D. John Sauer räumte Zugeständnisse ein: Unter Trumps Auslegung des IEEPA könnte ein künftiger Präsident einen Klimanotstand ausrufen und Benzinwagen massiv belegen. Die Richter wirkten skeptisch, ob das Gesetz solche Weitreichenden Befugnisse erlaubt.

Bei einem Urteil gegen Trump drohen Milliarden-Rückerstattungen. Bloomberg spricht von mehreren zehn Milliarden Dollar, Reuters von über 100 Milliarden. Richterin Barrett warnte vor einem „Chaos“ bei der Abwicklung. Klageanwalt Neal Katyal versicherte, seine Mandanten würden automatische Erstattungen erhalten; andere Firmen müssten Beschwerden einreichen. Zollrechtler Joseph Spraragen rechnet mit einer Rückverweisung ans US-Gericht für internationalen Handel. Die Verarbeitung über das IT-System der Zollbehörde CBP könnte ein Jahr dauern. „Die Regierung wird nicht einfach nachgeben“, sagte er gegenüber Reuters.

Selbst bei einem Verbot der IEEPA-Zölle bleibt Unsicherheit. Experten erwarten, dass Trump auf Alternativen ausweicht. Bloomberg listet mindestens fünf Optionen: Section 232 des Trade Expansion Act erlaubt unbegrenzte Zölle aus Sicherheitsgründen, wie Trump schon für Stahl und Aluminium nutzte. Section 301 des Trade Act bekämpft unfaire Praktiken, etwa gegen China oder Brasilien. Section 201 schützt vor Import-Schäden, Section 122 behebt Zahlungsbilanzprobleme, und Section 338 des Smoot-Hawley Act zielt auf Diskriminierung ab. Alle könnten Trump erlauben, ähnliche Abgaben aufrechtzuerhalten.

Unternehmen spüren die Belastung. Zollagentin Cindy Allen nannte fehlende Planbarkeit das größte Problem; CBP-Mitarbeiter sind unbezahlt und überfordert. Maersk-Chef Vincent Clerc sieht „bestehende Unsicherheit“ als Risiko; Kunden warten ab. Importeur Travis McMaster von COCOON kürzte seine Produktpalette und Meßbesuche. Nichole MacDonald von der Sash Group in Kalifornien zahlte 575.000 Dollar Zölle für indische Ledertaschen, erhöhte Preise doppelt und entließ sieben von zwölf Mitarbeitern. „Als Kleinstunternehmen hat man keine Reserven für acht bis zwölf Monate“, sagte sie.

Ein Urteil könnte erst Anfang 2026 fallen, trotz Hinweisen auf Beschleunigung. Bloomberg Economics schätzt: Ein Verbot senkt den effektiven Zollsatz auf 6,5 Prozent, dämpft den BIP-Rückgang auf minus 0,6 Prozent statt minus 1,7 Prozent. Rückerstattungen könnten Nachfrage ankurbeln, sind aber nicht eingepreist. Fed-Gouverneur Stephen Miran warnte vor Belastungen durch Unsicherheit, die lockerere Zinsen erfordern könnten.

Geopolitisch könnte ein Urteil Trumps Agenda schwächen. Josh Lipsky vom Atlantic Council meint, China-Zölle seien ersetzbar, aber EU, Brasilien und Indien könnten neu verhandeln. Eine Quelle bei Bloomberg warnt: Neue Zölle auf anderer Basis könnten den jüngsten „Handelsfrieden“ mit China brechen. Exportkontrollen für Halbleiter und Chinas Seltene-Erden-Dominanz verschieben das Gleichgewicht. Finanzminister Scott Bessent nannte Rückzahlungen „schrecklich“, betonte aber Zölle als „Zusatzgewinn“. Das Defizit lag bei 1,78 Billionen Dollar, Zölle trugen wenig zur Schuldenminderung bei.

Für deutsche Unternehmen ist das ein Albtraum mit Hoffnungsschimmer. Die Zölle haben Exporte in die USA gebremst, besonders Maschinen und Autos. Ein Rückfluss von Milliarden könnte Preise senken und Nachfrage ankurbeln. Doch die Wartezeit quält: Viele Firmen haben Lieferketten umgeleitet, Kosten hochgetrieben. Ein Düsseldorfer Maschinenbauer, der 2024 unter 25-Prozent-Zöllen litt, verlegte Teileproduktion nach Mexiko und gewann 18 Prozent Umsatz in Lateinamerika zurück.

Die Lektion ist klar: Diversifizieren oder untergehen. Statt auf Washington zu starren, sollten deutsche Firmen Märkte wie Brasilien oder China ausbauen. Brasilien boomt in Erneuerbaren und Agrotech, mit niedrigen Einstiegshürden. Ein kleines Beobachtungsteam in São Paulo kann Chancen sondieren, Partnerschaften knüpfen. So wird Unsicherheit zur Gelegenheit, und Rückerstattungen zum Bonus, nicht zum Lebensretter. Der Handel bleibt ein Labyrinth, aber wer früh umlenkt, findet den Ausgang.

 

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