Führende Forschungsarbeiten in Bereichen wie der optischen Physik könnten die Wirksamkeit von US-Exportkontrollen untergraben, die darauf abzielen, Chinas Mikrochip-Industrie auszubremsen.
Eine neue Analyse zeigt: China liefert inzwischen den Großteil der Grundlagenforschung, auf der zukünftige Computerhardware basieren könnte. Sollte diese Forschung in kommerzielle Anwendungen übergehen, könnte es für die USA bald unmöglich werden, mit Exportkontrollen ihren technologischen Vorsprung im Bereich Hochleistungs-Mikrochips zu sichern, so die Autoren der Studie.
Auch wenn das noch nicht bedeutet, dass China derzeit in diesem Bereich führt, „zeigt es uns sehr deutlich, wohin die Reise geht“, sagt Zachary Arnold, leitender Analyst des Emerging Technology Observatory (ETO) an der Georgetown University in Washington, D.C., das die Analyse durchgeführt hat.
Die am 3. März veröffentlichte Studie ergab, dass zwischen 2018 und 2023 mehr als doppelt so viele wissenschaftliche Veröffentlichungen zu Chip-Design und -Fertigung von chinesischen als von US-amerikanischen Institutionen verfasst wurden. Und es geht nicht nur um die Quantität: Auch qualitativ liegt China vorn. So waren chinesische Forscher an 50 % der meistzitierten Veröffentlichungen (Top 10 % pro Jahrgang) beteiligt – verglichen mit 22 % aus den USA und 17 % aus Europa.
Die Forschungsarbeiten umfassen ein breites Spektrum: von klassischen Halbleitern und GPUs für Künstliche Intelligenz bis hin zu völlig neuen Chip-Architekturen. Um relevante Veröffentlichungen zu identifizieren, trainierte das ETO-Team eigens einen Algorithmus für maschinelles Lernen. Die Studie erfasst vor allem Grundlagenforschung zu neuen Chiptechnologien – nicht jedoch kommerzielle Entwicklungen, die oft proprietär und nur inkrementell sind, betont Arnold.
Berücksichtigt wurden ausschließlich Publikationen mit englischsprachigem Abstract – was bei chinesischen Arbeiten bedeutet, dass es sich meist um solche mit internationaler Relevanz handelt. China habe seine Forschungsleistung in vielen Bereichen stark gesteigert, so Arnold. „Aber ich kenne kein anderes Feld mit so einem deutlichen Abstand“, sagt er. „Bei dieser Intensität ist es schwer vorstellbar, dass das nicht bald massive Auswirkungen auf Chinas technologische und industrielle Fähigkeiten hat.“
Wissenschaftliche Wirkung
Die Zahlen decken sich mit den Erfahrungen von Yunji Chen, Leiter des State Key Laboratory of Processors in Peking und Mitgründer von Cambricon, einem Unternehmen für KI-optimierte Chips. Laut Chen hinkt Chinas Fertigungskapazität dem Chipdesign noch hinterher – auch infolge von US-Sanktionen.
Seit Oktober 2022 verbietet das US-Handelsministerium den Export bestimmter Hochleistungs-Chips und Fertigungsmaschinen nach China. Begründet wurde dies u.a. mit dem Vorwurf, China nutze KI zur Überwachung der eigenen Bevölkerung und zur militärischen Modernisierung.
Trotzdem hat Chinas Forschung erhebliche wissenschaftliche Wirkung, so Chen. Seine Forschungsgruppe wurde auf Google Scholar bereits über 10.000 Mal zitiert – 41 % davon aus den USA.
Laut ETO zeigen sich besondere Wachstumsschwerpunkte in der neuromorphen und der optischen Datenverarbeitung – zwei Bereiche, in denen China führend sei. Bei neuromorpher Hardware geht es um Chiparchitekturen, die an die Funktionsweise biologischer Neuronen angelehnt sind. Die optische Datenverarbeitung wiederum nutzt Licht statt Elektronen zur Informationsübertragung und könnte so deutlich effizientere Computer ermöglichen.
Beide Technologien hätten hohes Potenzial für KI-Anwendungen – sofern sie sich kommerzialisieren lassen, sagt Jacob Feldgoise, Datenanalyst und China-Experte am Center for Security and Emerging Technology der Georgetown University. Sie basieren größtenteils auf etablierten Fertigungsmethoden, über die die USA kein Monopol haben. „China experimentiert derzeit mit vielen dieser Zukunftstechnologien. Falls daraus marktfähige Produkte entstehen, wäre es für die USA sehr schwer, Einfluss darauf zu nehmen“, so Feldgoise. „Wenn China das gelingt, reden wir nicht mehr von ‚Aufholen‘ – sondern möglicherweise von einem technologischen Sprung nach vorn.“
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