Der britische Chemie-Riese Ineos hat in Rheinberg für Aufregung gesorgt: Zwei Produktionsanlagen sollen schließen, 175 Jobs gehen verloren. Das ist nicht nur eine lokale Tragödie für die rund 500 Beschäftigten am Standort an der Xantener Straße, sondern ein weiteres Alarmsignal für die gesamte europäische Industrie. Stephen Dossett, CEO von Ineos Inovyn, der hundertprozentigen Tochter des Konzerns, zieht nicht mit der Kritik zurück: „Europa würgt seine Industrie ab.“ Und in der englischen Version der Pressemitteilung geht er noch einen Schritt weiter: „Europe is committing industrial suicide.“ Hohe Energie- und CO₂-Kosten, fehlender Zollschutz – das sind die Gründe, die Ineos nennt. Während Konkurrenten in den USA und China von günstiger Energie profitieren, wird Europa von Importen überschwemmt und verliert Boden.
Die betroffenen Anlagen sind keine Randbetriebe. Die Allylics-Anlage produziert den Hauptbestandteil für Epoxidharze, die in Verteidigung, Luft- und Raumfahrt, Automobilbranche und sogar in der Infrastruktur für Erneuerbare Energien unverzichtbar sind. Die elektrochemische Anlage stellt Chlor her – essenziell für sauberes Trinkwasser, Medikamente, industrielle Prozesse und Abwasserbehandlung. Ineos will sich nun auf die verbleibenden PVC-Betriebe konzentrieren, um die restlichen 300 Jobs zu sichern. Das klingt nach Pragmatismus, bedeutet aber massive Umstellungskosten, für die das Unternehmen staatliche Hilfe fordert. „Wir können das nicht allein“, betont Dossett und appelliert an Regierungen: „Wenn ihr strategische Produktion in Europa halten wollt, müsst ihr den Übergang leiten und Wettbewerbsfähigkeit herstellen.“
Das ist kein Einzelfall, sondern Teil eines beunruhigenden Trends. In Deutschland ist die Produktion seit 2019 um 18 Prozent eingebrochen – mit Jobverlusten und sinkenden Investitionen. Ineos hat bereits Werke in Grangemouth (Großbritannien), Geel (Belgien), Gladbeck (Deutschland), Tavaux (Frankreich) und Martorell (Spanien) geschlossen oder stillgelegt. Dossett nennt es „wirtschaftlichen Irrsinn und ökologische Heuchelei“: Effiziente europäische Fabriken fallen dicht, während globale Emissionen steigen. Die EU öffnet die Tore für Billigimporte aus Korea, Taiwan und China – oft basierend auf russischen Rohstoffen –, ohne Zölle. Im Kontrast dazu schützen die USA ihr Heimmarkt mit hohen Abgaben. Das Ergebnis? Europa wird abhängiger von Auslandslieferungen, verliert Know-how und riskiert weitere Abwanderung.
Für deutsche Unternehmen, besonders in der Chemie- und Fertigungsbranche, ist das ein Weckruf. Die hohen Kosten hierzulande machen es schwer, mit den dynamischen Märkten in den USA oder China mitzuhalten. Aber genau dort liegen Chancen: Eine Expansion in die USA könnte von niedrigen Energiekosten und starkem Zollschutz profitieren, ideal für energieintensive Prozesse wie in Rheinberg. In China, dem globalen Fertigungsriesen, bieten Joint Ventures oder Produktionsstätten Zugang zu Skaleneffekten und neuen Absatzmärkten. Selbst wenn eine vollständige Verlagerung nicht passt, lohnt eine Marktbeobachtung: Wie gehen US-Firmen mit Zöllen um? Wie nutzt China seine Lieferketten? Solche Einblicke können helfen, hierzulande resilienter zu werden – vielleicht durch Diversifikation oder Lobbyarbeit für EU-weite Schutzmaßnahmen.
Ineos bedauert die Schließung „zutiefst“ und verspricht, mit Mitarbeitern und Zulieferern zusammenzuarbeiten, um den Schmerz zu mildern. Doch ohne politisches Eingreifen drohen mehr solcher Geschichten. Deutsche Firmen sollten den Ball aufnehmen: Statt nur zu lamentieren, den Blick nach Übersee richten. Die USA und China zeigen, wie man Wettbewerb schützt – und wer dort investiert, könnte den nächsten Boom mitgestalten. Es ist Zeit, aus Rheinberg zu lernen und aktiv zu werden.
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